Persönlich. Christlich. Gut.

Gewinnt die Schule aus dem Glauben Kraft?

In einem achtstündigen Workshop tauschten sich Lehrerinnen und Lehrer gemeinsma mit schülerinnen und Schülern über das katholische Profil der Schule aus. Foto: SMMP/Ulrich Bock
In einem achtstündigen Workshop tauschten sich Lehrerinnen und Lehrer gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern über das katholische Profil der Schule aus. Foto: SMMP/Ulrich Bock

Spannender Prozess: Workshop zum christlichen Schulprofil zeigt Grenzen und Chancen auf

„Viele verstehen nicht, dass Glaube nicht gleich Kirche ist“, sagt Larissa Mast. Die angehende Abiturientin aus dem beruflichen Gymnasium am Berufskollegs Bergkloster Bestwig gehört zu einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die gemeinsam mit Lehrerinnen und Lehrern an der Frage arbeiten, was das Berufskolleg zu einer katholischen Schule macht. Jetzt tauschten sie sich in einem achtstündigen Workshop aus. Und in diesem Prozess wird schnell deutlich, dass der Ruf der Schule auch unter den Diskussionen leidet die die katholische Kirche gerade aushalten muss.

„Ich gehe gerne an diese Schule. Auch wenn ich mich gegenüber Freunden, die nicht an diesem Berufskolleg sind, manchmal dafür rechtfertigen muss“, sagt Larissa Mast. Doch sie erlebt hier vor allem eine große Wertschätzung und gute Entfaltungsmöglichkeiten. Das sind für sie erfahrbare Umsetzungen des christlich geprägten Schulleitbildes.

Larissa Mast hat ein Herz für ihre Schule. Das hat allerdings gestutzte Flügel und ist mit Stacheldraht eingefasst. Foto: SMMP/Ulrich Bock
Larissa Mast hat ein Herz für ihre Schule. Das hat allerdings gestutzte Flügel und ist mit Stacheldraht eingefasst.

Als eine von fünf Modellschulen im Erzbistum Paderborn setzt sich das Berufskolleg Bergkloster Bestwig – begleitet von der Katholischen Hochschule Paderborn – mit der Definition ihrer katholischen Trägerschaft auseinander. Gesellschafterin der Schule ist die Ordensgemeinschaft der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel. „Wo wird das erfahrbar? Was denken die Schülerinnen und Schülern von unserer Schule? Und was geben wir ihnen hier außer ihrem Schulabschluss mit?“ nennt Schulleiter Michael Roth die Fragen, die sich im Laufe des im Oktober 2020 begonnenen Prozesses herausgestellt haben.

„Zunächst gab es eine Arbeitsgruppe von Lehrerinnen und Lehrern. Aber bald wurde klar, dass wir bei diesen Fragen auch die Perspektive der Schülerinnen und Schüler einbeziehen müssen. Also wurde eine zweite Gruppe gegründet. Und die haben jetzt ihre Ergebnisse zusammengetragen und einen Tag lang darüber diskutiert“, erläutert Professor Dr. Oliver Reis vom Institut für Katholische Theologie an der Katholischen Hochschule Paderborn. Er begleitet den Prozess am Berufskolleg Bergkloster Bestwig mit einigen Studentinnen. Zwei von ihnen werden darüber auch eine Masterarbeit schreiben.

Professor Dr. Oliver Reis von der Katholischen Hochschule Paderborn begleitet den Prozess. Bei dem Workshop in Bestwig hat er ebenfalls neue Einsichten gewonnen. Foto: SMMP/Ulrich Bock
Professor Dr. Oliver Reis von der Katholischen Hochschule Paderborn begleitet den Prozess. Bei dem Workshop in Bestwig hat er ebenfalls neue Einsichten gewonnen.

Collagen ergeben Bild von der Schule

Die Gesellschaft ist in immer geringerem Maß christlich sozialisiert. Vielmehr steht die Kirche in der Kritik, aktuelle Entwicklungen wie die Gleichberechtigung der Geschlechter oder die Anerkennung vielfältiger Beziehungsformen und Familienkonstellationen nicht mitzutragen. Umso spannender ist die Frage, wie Jugendliche und junge Erwachsene eine christliche Schule erleben.

Für die Abschlussrunde des Workshops haben alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Collage erstellt, die sie erläutern. Charlotte Grobbel hat einen Garten gemalt, in dem alles fleißig wächst, der aber von einem hohen Zaun umgeben ist. Sie erklärt: „Hier darf jeder so sein, wie er ist. Wir haben Freiräume, uns zu entwickeln und zu entfalten. Aber von außen werden uns deutliche Grenzen gesetzt. Daher der Zaun.“

Professor Oliver Reis findet dieses Bild sehr gelungen. „Es zeigt die Ambivalenz, in der wir uns befinden. Hier wächst ganz viel. Aber irgendwann können wir nicht weiter wachsen.“ Lehrerin Hildegard Haakskorst fast es ähnlich zusammen: „Es zeigt ganz viel Freiheit auf der einen und Enge auf der anderen Seite.“

Anhand von Collagen erläuterten die Schülerinnen und Schüler ihr Bild vom Berufskolleg. Foto: SMMP/Ulrich Bock
Anhand von Collagen erläuterten die Schülerinnen und Schüler ihr Bild vom Berufskolleg.

Ähnlich das Bild von Larissa Mast. Sie hat Flügel gemalt – „denn der Glaube verleiht Flügel.“ Doch teilweise sind diese Flügel auf ihrem Bild gestutzt.

Was ihren Glauben angeht, wird sie darin am Berufskolleg vor allem durch die Schulseelsorge gestärkt: ob Schulgottesdienste oder Meditationen. „Und zu Beginn des Jahres hatten wir einen Todesfall in unserem Jahrgang. Das wurde an dieser Schule sehr gut aufgefangen und mit uns aufgearbeitet“, blickt sie zurück.

Probleme mit der Kirche werden sichtbar

Auf der anderen Seite erfährt sie auch, dass nicht alle Bildungsgänge dieselben Freiheiten und Möglichkeiten haben. Hier gebe es auch innerhalb der Schulen Grenzen. Ein wenig zeigte sich dies sogar in der Zusammensetzung der Schülergruppe, die an dem Workshop beteiligt war. Am Ende waren nur noch Abiturienten aus dem Beruflichen Gymnasium dabei gewesen. „Es ist wichtig, dass wir die anderen wieder dazugewinnen“, unterstreicht Lehrerin Irmhild Padberg.

Lehrerin Hildegard Haakshorst erläutert ihre Collage. Zwischen den meisten Bildern gibt es erstaunliche Gemeinsamkeiten. Foto: SMMP/Ulrich Bock
Lehrerin Hildegard Haakshorst erläutert ihre Collage. Zwischen den meisten Bildern gibt es erstaunliche Gemeinsamkeiten.

Professor Dr. Oliver Reis war dankbar für diese Ehrlichkeit und bestätigte: „Auch ich habe neue Einsichten erhalten.“ An dem Berufskolleg würden viele Probleme mit der Kirche sichtbar, die sich auch in den Gemeinden zeigen. Zugleich werde klar, wie herausfordernd die Aufgabe ist, dem Anspruch einer christlichen Schule in allen Bereichen gerecht zu werden: „Das darf kein Ballast für die Schule sein. Die Frage ist vielmehr: Wie schaffen wir es, Kraft daraus zu schöpfen. Nutzen wir da schon alle Möglichkeiten aus?“

Der spannende Prozess geht im kommenden Schuljahr weiter. Larissa Mast freut sich schon darauf: „Anfangs war ich wenig motiviert, kurz vor Schuljahresende noch einen achtstündigen Workshop dazu zu machen. Aber gerade die Diskussionen in den Gruppen und der Austausch mit den Lehrerinnen und Lehrern waren sehr intensiv. Das war eine tolle Erfahrung.“ Und Charlotte Grobbel bestätigt: „Die Lehrerinnen und Lehrern haben immer offene Ohren für uns. In diesem Prozess zeigt sich das ganz besonders. Ich bin dankbar, dass ich dabei sein darf.“

Abschlussrunde in der alten Tischlerei. Vier Studentinnen der Katholischen Hochschule (im Hintergrund) verfolgten die Diskussionen bei dem Workshop mit. Zwei von ihnen schreiben über den Prozess am Berufskolleg Bergkloster Bestwig sogar eine Masterarbeit. Foto: SMMP/Ulrich Bock
Abschlussrunde in der alten Tischlerei. Vier Studentinnen der Katholischen Hochschule (im Hintergrund) verfolgten die Diskussionen bei dem Workshop mit. Zwei von ihnen schreiben über den Prozess am Berufskolleg Bergkloster Bestwig sogar eine Masterarbeit.