Bundestagsabgeordneter stellt sich im Berufskolleg der Diskussion
Wenn sich Dirk Wiese nach seiner Schulzeit an die aus einem beantworteten Fragenkatalog abgeleitete Empfehlung des Berufsinformationszentrums Meschede gehalten hätte, wäre er Schornsteinfeger geworden. Jetzt aber ist er für die SPD Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Mit diesem Beispiel aus seiner eigenen Biografie machte der 30-Jährige am Dienstagmittag 70 Schülerinnen und Schülern des Berufskollegs Bergkloster Bestwig klar, was er ihnen mit auf den Weg geben wollte: „Jeder von Ihnen kann Ziele erreichen, die Sie jetzt vielleicht noch gar nicht kennen. Und man kann vieles bewirken, wenn man sich engagiert.“ So ist es auch bei dem Protest gegen den Einsatz von Kindersoldaten in vielen Ländern der Welt, der Anlass seines Besuches war.
Am sogenannten Red Hand-Day hatte der Schüler der zweijährigen Fachoberschule für Sozial- und Gesundheitswesen, Üwen Ergün, rund 300 Handabdrücke seiner Mitschüler und Lehrer gesammelt, um deutlich zu machen, dass Politiker dieses Problem nicht aus den Augen verlieren und sich für die Rechte von Kindern in allen Teilen der Welt einsetzen sollen. Der 17-Jährige ist Junior-Botschafter der UNICEF. Gemeinsam mit der Schule hatte er nun den Politiker eingeladen, um die beiden Transparente mit den Handabdrücken zu übergeben.
Dirk Wiese verriet auch, was er damit anfangen will: „Das hänge ich nicht einfach in mein Büro. Ich möchte das Signal weitergeben und hoffe, dass ich als stellvertretendes Mitglied des Auswärtigen Ausschusses Gelegenheit habe, es Außenminister Frank-Walter Steinmeier persönlich zu überreichen.“
Fragen zur Edathy-Affäre und zur Ukraine
Natürlich hatten die Schüler auch Fragen zur Edathy-Afäre, zu den beschlossenen höheren Diäten oder zur Krise in der Ukraine. Doch der Zweifel, ob Politiker nicht viel zu oft Dinge beschließen, die das Volk nicht will, beschäftigte die angehenden Abiturienten der Bildungsgänge Abi Plus und der Fachoberschule am meisten. Während des einstündigen Gespräches konnte der Bundestagsabgeordnete viele Bedenken ausräumen: „Was wir in unseren Wahlkreisen an Meinungen wahrnehmen und rückgemeldet bekommen, nehmen wir auch mit nach Berlin.“ Gerade in einer Großen Koalition müsse man aber oft Kompromisse machen.
Als Beispiel nannte Dirk Wiese seine Position zum Gen-Mais: „Obwohl ich für ein Verbot des Gen-Mais bin, werden wir uns bei der Abstimmung im Europäischen Rat der Stimme enthalten. Denn zu diesem Thema gibt es in der Großen Koalition unter-schiedliche Meinungen. Wird keine Einigung erzielt, schreibt der Koalitionsvertrag bei strittigen Themen eine Enthaltung vor.“ Das habe natürlich auch zur Folge, dass man nicht immer seine im Wahlprogramm genannten Ziele umsetzten könne.
Wiese ermutigte die Schüler, sich gesellschaftlich und politisch zu engagieren: „Wir hatten in Brilon eine Initiative, die sich für einen Bahnanschluss einsetzte. Das schien erst aussichtslos, aber heute haben wir da wieder einen Bahnhof.“ Gemeinsam könne man viel erreichen, sich Gehör verschaffen und auch Politiker beeinflussen. Er ermunterte die angehenden Abiturienten, ihren eigenen Berufszielen nachzuspüren: „Als ich mich entschieden hatte, Jurist zu werden, hatten mir auch alle gesagt: `Davon gibt es schon viel zu viele.` Entscheidend ist aber vor allem, woran Sie Freude haben.“
„Das Sauerland hat Zukunft“
Ebenso warb er für das Sauerland als Region mit Zukunftsperspektive. „Natürlich haben junge Leute hier auch Nachteile“, räumte er ein. Zum Beispiel, dass die Busverbindungen hier alles andere als optimal seien. „Aber die fünf Landkreise in Südwestfalen haben sich zusammengeschlossen, um deutlich zu machen, dass hier viele Weltmarktführer zu Hause sind. Wir müssen mit gesundem Selbstbewusstsein dafür werben, dass man auch aus den Ballungszentren zu uns pendeln kann, um hier eine gute Arbeitsstelle zu finden.“ Die Wirtschaft sei gesund, die Grundstückspreise lägen niedrig, der Naherholungswert sei groß. Deshalb habe das Sauerland Zukunft.
Schulleiter Willi Kruse bedankte sich für die ehrlichen, teils sehr persönlichen und ausführlichen Statements. „Sie haben glaubhaft `rübergebracht, dass es lohnenswert ist, sich sozial zu engagieren.“ So wie es auch das Berufskolleg tut, das erst vor wenigen Wochen die Auszeichnung zur Fairtrade-School erhalten hat.
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