Persönlich. Christlich. Gut.

Der größte Auftrag maß zwei mal vier Meter

Die Langzeitpraktikantin Mascha Hansen auf der Insel Carrick-a-Rede in Nordirland. Foto: Anna-Lena Ihl

Berufskolleg vermittelte Gestaltungstechnischer Assistentin Mascha Hansen ein halbjähriges Praktikum in Nordirland

Internationaler ging es nicht. Ein halbes Jahr absolvierte die Winterbergerin Mascha Hansen vermittelt durch das Berufskolleg Bergkloster Bestwig ein Langzeitpraktikum in der nordirischen Stadt Derry. Dort arbeitete sie in einem pädagogischen Projekt mit integrativem Ansatz für Schulkinder. Und gewohnt hat sie in einer Wohngemeinschaft, zusammen mit anderen Praktikanten, die zum Beispiel aus Spanien, Polen und Réunion Island vor Madagaskar kamen.

„Das war eine großartige Erfahrung. Wir haben uns untereinander gut verstanden und wurden überall herzlich aufgenommen. Derry ist eine sehr aufgeschlossene Stadt“, so die 19-jährige. Umso größer ist ihre Sorge, dass der anstehende Brexit in der Region unweit der irischen Grenze neue Spannungen auslöst. „Wir haben gespürt, dass das die Menschen dort beschäftigt. Für viele StartUps und Unternehmen wäre der Austritt aus der Europäischen Union existenzgefährdend“, so Mascha Hansen. Auch in Nordirland hatte – wie in Schottland – bei dem Referendum 2016 eine Mehrheit für den Verbleib in der EU gestimmt.

Mit Pferden hatte Mascha Hansen vorher noch nie zu tun. Doch in Nordirland hatte sie viel Freude an den Tieren. Foto: privat
Mit Pferden hatte Mascha Hansen vorher noch nie zu tun. Doch in Nordirland hatte sie viel Freude an den Tieren. Foto: privat

Die Winterbergerin hatte am Berufskolleg Bergkloster Bestwig vor ihrem Langzeitpraktikum eine dreijährige Ausbildung als Gestaltungstechnische Assistentin abgeschlossen. Während dieser Zeit hatte sie bereits die Möglichkeit, über das Programm Erasmus+ ein vierwöchiges berufliches Praktikum in Sevilla in Spanien zu absolvieren. Solche Praktika bietet die Schule den Schülerinnen und Schülern der berufsbildenden Bildungsgänge bereits seit sechs Jahren an. „Und das hat riesig viel Spaß gemacht“, so die frühere Auszubildende. Schon in Spanien habe sie die Offenheit der Menschen positiv überrascht.

Nach Derry gab es immer gute Kontakte

Deshalb meldete sie bei der Schule auch ihr Interesse an einem Langzeitpraktikum an. Das ermöglicht das Berufskolleg ebenfalls. Flug und Unterkunft werden dabei über das europäische Programm Erasmus Pro finanziert. „Nach Derry haben wir seit Jahren gute Kontakte. Auch jetzt im Mai sind wieder Praktikanten in Nordirland. Deshalb haben wir dort für Mascha angefragt“, sagt Fachlehrerin Irmhild Padberg, die die Auslandspraktika für die Schülerinnen und Schüler koordiniert.

Mascha Hansen arbeitete sechs Monate lang in einer privaten Initiative, die sich um die Förderung von Kindern kümmert. Sie wurde von der 35-jährigen Louise Moorhead gegründet, um Jungen und Mädchen in der Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit zu unterstützen. „In Derry gibt es eine auffällig hohe Selbstmordrate unter Kindern und Jugendlichen“, erläutert die Praktikantin. Viele würden sich von einer bestimmten Brücke stürzen, an deren Geländer sie vorher ihre Schuhe binden. „Es tat weh zu sehen, wieviele Paar Schuhe dort hängen. Ich konnte nicht zu Fuß über die Brücke gehen“, so die ehemalige Berufsschülerin.

Mascha Hansen mit ihrer Kamera. Aus Nordirland hat sie eine ganze Festplatte voller Fotos und Videos mitgebracht. Foto: Anna-Lena Ihl

Da tat es gut, die Kinder und Jugendlichen in dem Projekt von Louise Moorhead lachen zu sehen. Ihre Arbeit baut im Wesentlichen auf zwei Säulen auf: Das Programm „Flip it“ wendet sich besonders an Kinder mit autistischen Spektrumsstörungen. Und „Equine Enrichment“ ist eine alternative Heiltherapie-Methode mit Pferden, die helfen will, Vertrauen, emotionale Intelligenz, Kommunikationsfähigkeit und Beziehungsfähigkeit zu verbessern. Dazu gehört das Programm „Mentoring Minds“, das sich an die Schülerinnen und Schüler von zwei Collages wendet und sechs Wochen lang dauert. Vor allem dieses Programm hat Mascha Hansen begleitet.

„Zu Mentoring Minds und Equine Enrichment sind die Kinder auf eine kleine Farm außerhalb der Stadt eingeladen“, erklärt Mascha Hansen – „dort findet die Arbeit mit den Pferden statt, die von Pädagogen und Psychologen begleitet wird.“ Eine Szene ist der 19-Jährigen noch besonders einprägsam in Erinnerung: „Als ein hyperaktives Kind voller Demut vor einem Pferd stehen blieb und staunte, wie groß das Tier ist. Es blieb den ganzen Tag über ausgeglichen und ruhig.“

Mascha Hansen verbrachte als erste Erasmus-Langzeitpraktikantin des Berufskollegs Bergkloster Bestwig ein halbes Jahr in der nordirischen Stadt Derry. Und sie kehrte um viele Erfahrungen reicher begeistert zurück.

„Spannend, Kinder zu beaobachten“

Selbst hatte Mascha Hansen bis dahin gar keine Berührung mit Pferden: „In Derry bin ich erstmals auf einem geritten. Ich fand es spannend, die Kinder beim Umgang mit den Tieren zu beobachten.“

Als Gestaltungstechnische Assistentin fand Mascha Hansen aber auch genügend Arbeit, bei der sie ihre beruflichen Fähigkeiten einsetzen konnte: „Zum Beispiel habe ich Visitenkarten, Einladungen und Flyer für die verschiedenen Programme entworfen.“ Dabei sei die Zusammenarbeit mit ihrer Chefin sehr vertrauensvoll gewesen. Sie hat mich morgens auch auf dem Weg zur Arbeit abgeholt. Wir haben uns auch privat getroffen, und sie hat mich schon wieder eingeladen, sie in Nordirland zu besuchen.“

Schnell erfuhren auch andere von den Fähigkeiten der deutschen Praktikantin. „Da kam es hin und wieder vor, dass ich für andere Firmen oder Organisationen tätig wurde. Den im wahrsten Sinne größten Auftrag setzte sie für die Veranstaltungen zum Weltfrauentag in Derry um. „Das war ein Plakat in einer Größe von zwei mal vier Metern, das mitten in der Stadt hing“, erzählt sie nicht ohne Stolz.

So habe auch sie in Nordirland ihre Persönlichkeit weiterentwickelt: „Ich habe viele Menschen kennengelernt und weiß ihre Offenheit zu schätzen, mit der sie mir begegnet sind. Ich weiß, dass ich im Ausland zurechtkomme. Und ich spreche jetzt fließend Englisch“, nennt sie nur einige Punkte. Und sie weiß jetzt schon: „Nach Derry kehre ich bestimmt zurück. Ob das bald noch EU ist oder nicht. Daran führt kein Weg vorbei.“

Irmhild Padberg freut sich über diese positiven Erfahrungen. „Das sind genau die Ziele, für die wir solche Auslandspraktika anbieten“. Mascha Hansen war die erste Langzeitpraktikantin aus dem Berufskolleg gewesen. Sie hat bereits in verschiedenen Klassen über ihre Erfahrungen berichtet. Und deshalb ist die Koordinatorin auch überzeugt: „Sie wird sicher nicht die letzte sein.“ Zwei neue Interessentinnen für ein langzeitpraktikum gibt es bereits.