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Auch ohne Auslandspraktikum mit Europa vernetzt

Wiebke Droege über den Dächern von Athen Hier verbrachte die ehemalige Schülerin des Berufskollegs Bergkloster Bestwig fünf Monate ihres Langzeitpraktikums. Foto: privat
Wiebke Droege über den Dächern von Athen Hier verbrachte die ehemalige Schülerin des Berufskollegs Bergkloster Bestwig fünf Monate ihres Langzeitpraktikums. Foto: privat

Am Berufskolleg Bergkloster Bestwig geht das Erasmus-Programm im Lockdown virtuell weiter

Gäbe es Corona nicht, würde auch in diesem Jahr um Ostern herum wieder 200 Schülerinnen und Schüler aus dem Berufskolleg Bergkloster Bestwig über das Programm Erasmus+ ein mehrwöchiges Berufspraktikum im Europäischen Ausland absolvieren. Aufgrund der Pandemie sind diese Planungen in den Sommer verschoben. „Erasmus lebt aber dennoch weiter“, sagt die zuständige Koordinatorin Irmhild Padberg.

50 Schülerinnen und Schüler befinden sich über die über das Erasmus-Programm eingerichtete eTwinning-Plattform im Austausch mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus zwölf europäischen Ländern. „Darüber haben sie die Möglichkeit, Videos, Präsentationen oder Texte hochzuladen, die dann allen als Informations- und Diskussionsgrundlage zur Verfügung stehen“, erläutert die Lehrerin.

118.000 verschiedene Projekte

Insgesamt beteiligen sich am eTwinning europaweit über 218.000 Schulen. Derzeit laufen fast 118.000 verschiedene Projekte. „Berufskollegs nehmen allerdings nicht so viele daran teil. Da gehören wir zu einer Minderheit“, hat die Erasmus-Koordinatorin des Berufskollegs Bergkloster Bestwig feststellen müssen.

Erasmus mit Maske: Auch wenn derzeit keine Auslandspraktika stattfinden können, geht das Erasmus-Projekt am Berufskolleg Bergkloster Bestwig digital und analog weiter. Foto: SMMP/Ingo Seidel
Erasmus mit Maske: Auch wenn derzeit keine Auslandspraktika stattfinden können, geht das Erasmus-Projekt am Berufskolleg Bergkloster Bestwig digital und analog weiter. Foto: Ingo Seidel

Eins der Projektthemen sei beispielsweise die Ernährung: „Die Schülerinnen und Schüler wollen wissen, wie dazu in den Schulen anderer Länder aufgeklärt und gearbeitet wird, wie sich das Ernährungsverhalten in den Regionen Europas voneinander unterscheidet. Und natürlich tauschen sie auch Rezepte aus“. Dazu stehen die Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs Bergkloster Bestwig über die Internetseite Twinspace beispielweise mit Gleichaltrigen aus Kroatien, Italien, Polen und der Türkei in Kontakt.

Nebenbei würden sie über diese internationale Kommunikationsplattform auch erfahren, dass derzeit überall in Europa die Schulen für den Präsenzunterricht weitestgehend geschlossen sind. „Alle sind in einer ähnlichen Situation. Eigentlich sogar weltweit. Das wird unseren Auszubildenden und Lernenden dabei sehr bewusst“, so Irmhild Padberg. Und sie bekämen auf diese Weise ebenfalls mit, wie das digitale Lernen in anderen Ländern in das Unterrichtsgeschehen eingebunden wird.

Jugendliche schicken sich Briefe

Erasmus lebt aber auch in analoger Form fort: So schicken sich angehende Kinderpflegerinnen und -pfleger aus dem Berufskolleg Bergkloster Bestwig und Schülerinnen und Schüler aus Österreich, Belgien, Polen, Italien, Frankreich, Schweden, Kroatien, Finnland und der Türkei über das Projekt „Handschriftliche Briefe in Zeiten der Digitalisierung“ ganz klassisch Briefe zu. „Diese Kommunikationsform wird neu entdeckt und wieder wertgeschätzt“, sagt die Koordinatorin.

Sie konnte ihr Langzeitpraktikum 2020 in mehreren Abschnitten durchführen: Wiebke Droege vor der abgesperrten Akropolis in Athen. Foto: privat
Sie konnte ihr Langzeitpraktikum 2020 in mehreren Abschnitten durchführen: Wiebke Droege vor der abgesperrten Akropolis in Athen.

Und sie selbst profitiert während der Pandemie ebenfalls vom Erasmus-Programm. Sie tauscht sich in Videokonferenzen mit den entsprechenden Koordinatorinnen und Koordinatoren in anderen Ländern über die derzeitige Situation aus: „Die ist natürlich nicht einfach. Aber wir sind ja froh, dass das Programm über die eTwinning-Plattform weiterlebt.“

Zum Beispiel ergäben sich darüber Kontakte zu Schulen an neuen Orten, über die künftig berufliche Praktika und Austausche laufen könnten. Dazu gehören Hagfors in Schweden und Askola in Finnland. An den beruflichen Praktika nehmen schon seit 15 Jahren Schülerinnen und Schüler der Ausbildungsgänge sowie aus der Berufsfachschule und der Fachoberschule teil. Neuerdings gibt es dieses Angebot zusätzlich für die Absolventinnen und Absolventen des beruflichen Gymnasiums.

„Wir hoffen, dass diese Auslandserfahrungen ab dem Sommer wieder möglich sind. In jedem Fall helfen die eTwinning-Projekte, sich darauf vorzubereiten. Und bei manchen Schülerinnen und Schülern“ – hat Irmhild Padberg beobachtet – „löst das schon Vorfreude aus.“

Eine Praktikantin gab es auch im Corona-Jahr

Kinder der Schule in Puerto de la Cruz auf Teneriffa. Foto: Wiebke Droege
Kinder der Schule in Puerto de la Cruz auf Teneriffa. Foto: Wiebke Droege

2020 mussten Corona-bedingt fast alle beruflichen Praktika über das Programm Erasmus+ ausfallen. Lediglich fünf Schülerinnen und Schüler verbrachten vier Wochen in der spanischen Stadt Valencia. Aber eine ehemalige Schülerin hat es geschafft, ihr durch das Berufskolleg Bergkloster Bestwig vermittelte Langzeitpraktikum in Griechenland und auf Teneriffa durchzuführen. „Von dieser Erfahrung werde ich mein Leben lang zehren“, sagt die 20-jährige Wiebke Droege aus Eversberg. Daher empfiehlt sie auch den Abgängerinnen und Abgängern dieses Jahres, diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen.

Sie war Ende 2019 drei Monate in Athen, Anfang 2020 drei Monate auf Teneriffa und im September/Oktober 2020 noch einmal für zwei Monate Athen. „Dabei habe ich gerade bei meinem zweiten Aufenthalt in Griechenland, als sich die Pandemie-Situation allmählich wieder zuspitzte, besonders viel über Menschen gelernt.“

Im Herbst 2019 hatte sie schnell eine Gastfamilie gefunden. „Im Herbst 2020 war das aufgrund der Pandemie deutlich schwieriger“, gibt sie zu. „Denn viele Familien hatten aufgrund der unsicheren Lage schon die Großeltern zu sich geholt. Einige haben ihre Jobs verloren. Und ausländische Familien sind wieder in ihre Heimatländer gereist.“ Erst beim zehnten Anlauf hatte sie schließlich eine Zusage erhalten.

Karneval auf Teneriffa im Frühjahr 2020. Foto: privat
Karneval auf Teneriffa im Frühjahr 2020.

In Griechenland arbeitete sie in der Vorschule einer deutschen Schule. „Auch dort gab es strenge Hygienevorgaben. So waren die verschiedenen Gruppen streng voneinander getrennt. Draußen im Spielbereich hatte man sogar Zäune aufgebaut“, erinnert sie sich. Aber sie stieß sowohl auf verständnisvolle Kinder als auch auf verständnisvolle Eltern. Und insgesamt seien die acht Monate im Ausland unter völlig unterschiedlichen Bedingungen eine prägende Erfahrung gewesen, die sie in ihrem Wunsch, soziale Arbeit zu studieren, bekräftigte. Das tut die 20-Jährige nun in Paderborn.

„Dort lebe ich in einer WG. Eine Wohnform, mit der ich mich nach meinem Aufenthalt in Gastfamilien schnell anfreunden konnte.“ Später dauerhaft ins Ausland zu gehen, bleibt für sie auf jeden Fall eine Option. „Unsere Familie ist schon immer gerne gereist. Und die mehrmonatigen Aufenthalte in Athen und Teneriffa waren noch einmal eine viel intensivere Erfahrung, aufgrund der ich mir das gut vorstellen kann.“

Blick über Athen. Hoffentlich können Erasmus-Praktikantinnen und -praktikanten solche Ausblicke auch ab Sommer 2021 wieder genießen. Foto: Wiebke Droege
Blick über Athen. Hoffentlich können Erasmus-Praktikantinnen und -praktikanten solche Ausblicke auch ab Sommer 2021 wieder genießen. Foto: Wiebke Droege